Dienstag, 18. Oktober 2016

Inselabenteuer

"Schau mir in die Augen, Kleines", sprach meine Angst zu mir und schubste mich in den Ozean. Es war Samstagmorgen um 8.30 Uhr, als ich noch nicht wusste, dass an diesem Tag meine Mut noch einige Male auf die Probe gestellt werden würde.

Ich erzähle nun alles vom Anfang an. Wir sieben Frauen (Viivi - 26 aus Finnland; Maiju - 25, aus Finnland; Kelly - 25, aus Amerika; Danni - 24, aus Südafrika; Fiona - 23, aus Neuseeland; Dana - 22, aus der Slowakei; Ich - 18, aus Deutschland) haben beschlossen für dieses Wochenende nach Nusa Lembongan zu fahren, um von dort aus auch Nusa Penida zu erkunden. Das sind zwei kleine Inseln bei Bali, die mit einem Boot in einer halben Stunde zu erreichen sind. Also sind wir Freitag um 7 Uhr zum Hafen aufgebrochen. Nach einigen Buchungsschwierigkeiten und wieder einmal zuvorkommener Hilfe, hatten wir mit dem Boot Nusa Lembongan erreicht. Da niemand von uns einen SO paradiesichen Strand mit weißem Sand und klarem, teils türkisem Wasser erwartet hatte, standen unsere Münder entsprechend weit offen.

Der Hafen




Nach einer kurzen erfolglosen Suchaktion Fionas Handys, welches versehentlich in der Brandung baden ging, fuhren wir für viel zu viel Geld zu unserer Unterkunft. Genau gesehen, war es das Geld aber Wert, denn das Taxi sah wie folgt aus und fuhr mit 50 um die engsten Kurven.

Das Taxi



Darüber hinaus sind hier die Straßen echt schön.


 Grade angekommen bemerkten wir den Infinity Pool in unserem Homestay, welcher eigentlich ziemlich günstig war. Der wurde dann auch gleich benutzt. An diesem Pool liege ich übrigens auch grade, mit Blick auf die schimmernden Lichter auf der anderen Seite des Wassers und ein paar Sternen am Himmel. (Ich habe diesen Post über vier Tage verteilt geschrieben.)

Dann erhielten wir einen Anruf. Fionas Handy wurde gefunden. Die Fahrer unseres Bootes hatten sogar danach geschnorchelt. Die Balimagie.

Der restliche Freitagnachmittag war zugegeben jedoch eher eine Enttäuschung. Wir hatten vor, Lembongan mit dem Fahrrad zu erkunden und zahlten wieder einen Höllenpreis für das Taxi zur Stelle des Fahrradverleihs. Selbst auf der Fahrradtour boten uns nett ausgedrückt sehr offensiv Männer und Frauen Taxen, Bootstouren, Massagen, Cola, Sonnenbrillen mit Bierwerbung und Eintrittskarten für einen Kinderwasserspielplatz aus dem letzten Jahrhundert an. Auch einen Platz mit Wiese und drei Bäumen hätten wir für umgerechnet 4,50 Euro besichtigen können. Das grundsätzliche Klima auf dieser Insel ist einfach ganz anders. Hier sind Touristen (Sollte ich uns lieber Reisende nennen?) in den meisten Augen weiße Geldbeutel auf zwei Beinen, nicht mehr, nicht weniger. Alles auf Lembongan, funktioniert nur durch Touristen, und die sind hier in Relation eher rar, da viele nur für einen kurzen Tagestrip hierher kommen. Es gibt keinen einzigen Laden, der nicht für Touristen gemacht ist. Man ist entweder Fischer, Bauer oder hat ein Lokal, einen Supermarkt mit westlichen Lebensmitteln oder einen Homestay. 

Dennoch trafen wir auf einen netten Besitzer einer Bar, der uns einen Schnorcheltrip organisierte. Ich bekam weiche Knie, als ich für etwas bezahlte, das ich mir im Leben nicht zugetraut hatte. Ich wäre eher mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug gesprungen, als neben bis zu drei Meter großen Fischen ("Mantarays") im Meer zu schnorcheln. 

Also ging es Samstag nach dem Frühstück am frühen Morgen los in das weite Wasser hinaus. Am Anfang hatte ich Angst davor, auch nur durch die Taucherbrille nach unten zu schauen, doch nun danke ich mir selbst für diese Überwindung. Was ich da an drei verschiedenen Orten gesehen habe, können diese Fotos nur halb so schön wiedergeben. Blaues Wasser, bunte Korallen, endlose Weite und ein großartiges Gefühl.

Der Schnorcheltrip







Dann hieß es Abschied nehmen von Dani. Sie ist jetzt grade in den Niederlanden und fliegt in den nächsten Tagen nach Jamaika. Die etwas traurige Abschiedstimmung konnte nicht lange anhalten. Zu viel gab es auf Nusa Penida zu entdecken. Oftmals Orte, die mir jeden Atem raubten. Diese Insel ist ein wahrer Goldschatz und defenitiv nicht zu auszulassen. 

Nach einem Mittagessen in dem einzigen Warung in Hafennähe wurden Scooter gemietet. Frei nach dem Motto des Verkäufers "No helmets on Nusa. Police is not here." Mh, wie wäre es mit  Versicherungspapieren? "No police here, don't need." Die Polizei habe ich echt nicht gesehen und Helme hatte auch niemand auf. Also blieb uns nichts anderes übrig, da Nusa Penida schon etwas größer ist. Viel zu groß für einen Tag, wie wir festgestellt haben und deswegen werden wir in jedem Fall dorthin zurückkehren. 

Das erste Ziel war ein kleiner Strand, mit einer Bar und einem Hafen, mitten im Nirgendwo. Auf Weg wir bemerkten, was die crappy streets in Penida bedeuten. Abenteuerliche Abgründe, abenteuerliche Steine, aber Aussichten auch von den Straßen aus, die jedes Schlagloch wert waren. Unseren Spaß hatten wir.

On the Road





Am Strand entdeckten wir eine Treppe, die einen Berg hinauf führte. Über ihr Ende wussten wir nichts, aber über unsere Neugier genug. Sie führte über den Berg, der mir übrigens vorkam wie ein zweites mal Volcano Trekking. Meeresrauschen leitete uns den Weg zu einem Ziel, das ich am liebsten mit nach Hause nehmen würde. Ein versteckter Strand, zu schön um wahr zu sein, anscheinend zu schön für alle anderen, denn außer uns waren zwischen den zwei Felsen nur zwei andere Reisende. Da waren wir wieder sieben Jahre alt, sammelten Muscheln, versuchten wie eine Katze, ein Hund oder ein Schildkröte zu schwimmen und vergaßen die Zeit.

Mein Schloss


Die Treppe


Auf dem Berg


Unser Preis


Fundstück, das zu groß für den Koffer war


Wir, aus dem Strahlen nicht mehr heraus kommend


Zwei Stunden waren vergangen und wir hatten noch weitere zwei Stunden für zehn Orte, die wir sehen wollten. Schlussendlich waren es dann drei. Der nächste Ort hieß Cliff Mantapoint. Auf dem Weg dahin bemerkte Viivi, die hinter mir auf dem Scooter saß, dass ich eindeutig zu viel Sonne abbekommen hatte. Ich weiß bis heute nicht, ob es die Sonne war oder mein Glücksgefühl, aber das Level Glück liegt eben auf seinem Maximum, wenn bei blauen Himmel auf einem Scooter durch die Teletubbiefelder (Kein Witz, die heißen wirklich so und sehen auch so aus) fährt und anfängt, das Lied der Wilden Kerle zu singen. 

Cliff Mantapoint hat dieses Maximum gesprengt. Dieses Gefühl ist mit "Glücksgefühl" nicht mehr zu beschreiben. Ich wunderte mich, wieso die anderen vor mir anfingen zu stöhnen, als wir als einzige Gruppe einen Felsen entlang zu seinem Abgrund gingen. Angekommen erwartete uns eine Sicht, dessen Ende man nicht definieren konnte. Es musste verdammt weit weg sein. Ein Strand ein Felsen, Meer, Himmel. Kein Foto kann diese Sicht festhalten, aber stellt euch das, was ihr da seht im 360 Grad Winkel und noch 100 km weiter vor. Das hat mir den Atem sowas von geraubt.



Den dritten Ort besuche ich noch einmal, da ich ihn gar nicht genießen konnte. Er mag genauso schön gewesen sein, doch zu dieser Zeit machte ich mir mit meinen zwei anderen Bikerbräuten Kelly und Maiju ernsthaft Gedanken, wie wir es noch nach Hause schaffen. Penidas Schlaglöcher in dusterer Nacht (nach 18 Uhr) mit einer zweiten Person auf dem Scooter sind gefährlich. Natürlich schafften wir es nicht vor Sonnenuntergang, und kämpften uns den Weg durch die Dunkelheit. Angekommen am Hafen, zwei Stunden später als mit dem Fahrer verabredet, suchten wir leicht verzweifelt nach einem neuen. In der Regel gibt es nachts keinen Schiffsverkehr zwischen Penida und Lembongan, doch die Besitzerin des Warungs vom Mittagessen erkannte uns wieder und kümmerte sich um einen Fahrer für uns. Sie war eine ältere Frau um die 60 schätze ich, in langen Kleidern und Kopftuch, wie ich mir eine liebe kleine Mutter in einem Film über irgendeinen Bauernhof im Süden vorstelle. Eintausendmal bedankten wir uns auf Balinesisch ("Suksema"), weil wir ohne sie echt am Strand geschlafen hätten. Bis sie irgendwann anscheinend die Nase voll von unserer Dankbarkeit hatte und uns lachend auf die Schulter klopfte. Sie war eine richtig coole Köchin, die es faustdick hinter dem Ohren hat. 

Der Weg über das Meer bei Nacht war ein guter Zeitpunkt, um die funkelnden Lichter Balis am Horizont zu erkennen und sich sechs High Fives zu geben, für diese Straßen, diesen Tag und die Überwindungen jeglicher Grenzen.
Es schien nichts mehr zu weit.

Hier seht ihr weitere Momente, die keinen Platz mehr im Post gefunden haben, da ich sonst einen Roman hätte schreiben müssen:

Meerjungfrauentrainingscamp



Viel zu liebe kleine Hunde


Ein Fischer, Boote und das Meer


Sonnenuntergänge





Lebe unersättlich, ANNA.


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